Goldener Leopard
Mit dem Goldenen Leoparden (italienisch Pardo d’oro) wird bei dem jährlich veranstalteten Locarno Film Festival der beste Langfilm im internationalen Wettbewerb (Concorso internazionale) prämiert.[1] Er gilt damit als wichtigste Auszeichnung des Festivals, noch vor dem Spezialpreis der Jury (Premio speciale della giuria).[2] Über die Vergabe des Preises stimmt eine Wettbewerbsjury ab, die sich meist aus internationalen Filmschaffenden zusammensetzt.
Die Bezeichnung existiert seit 1968, zuvor war der Filmpreis, als Großer Preis der Jury (Gran premio della Giuria; 1966–1967), Goldenes Segel (Vela d’oro; 1958–1965) beziehungsweise Großer Preis (Gran premio) bekannt. Neben der Preisstatuette wird eine Prämie in Höhe von 75.000 Schweizer Franken (ungefähr 80.600 Euro (Stand: 3. Dezember 2024)) zu gleichen Teilen an den Regisseur und an die Produzenten des Siegerfilms ausgelobt.[1]
Preisträger
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am häufigsten mit dem Hauptpreis in Locarno ausgezeichnet wurden die Werke französischer und italienischer Filmregisseure (je 11 Siege), gefolgt von ihren Kollegen aus den Vereinigten Staaten (10), der Volksrepublik China bzw. Hongkong (6), sowie Großbritannien und der ehemaligen Tschechoslowakei (je 5). Je zweimal triumphieren konnte in den Anfangsjahren nur der Franzose René Clair (1946 und 1947) und der Tscheche Jiří Trnka (1954 und 1955). Eine zwischenzeitlich eingeführte Regel die besagte, nur Debüt- beziehungsweise Zweitfilme eines Regisseurs für den Wettbewerb in Locarno zuzulassen, wurde 1996 abgeschafft.
Regisseure aus dem deutschsprachigen Kino waren erstmals 1954 erfolgreich, als Rotation des Deutschen Wolfgang Staudte gemeinsam mit zwei weiteren Produktionen prämiert wurde. Ihm folgten 1985 und 2006 die Schweizer Fredi M. Murer (Höhenfeuer) und Andrea Štaka (Das Fräulein), während 1988 und 2002 die Deutschen Wolfgang Becker (Schmetterlinge) und Iain Dilthey (Das Verlangen) erfolgreich waren.
Auszeichnungen für Filmemacherinnen blieben ähnlich wie bei den Filmfestspielen von Venedig, Cannes oder Berlin Ausnahmen. Erst 1990 gewann mit Swetlana Proskurina (Slutschainy Wals) eine Frau den Goldenen Leoparden. Dem Sieg der Russin folgten in den kommenden Jahren Auszeichnungen für die Hongkongerin Clara Law (1992 für Autumn Moon), die Französinnen Claire Denis (1996 für Nénette und Boni) und Hélène Angel (1999 für Stumme Schreie), Andrea Staka, die Chinesin Guo Xiaolu (2009 für She, a Chinese), die in der Schweiz aufgewachsene Argentinierin Milagros Mumenthaler (2011 für Abrir puertas y ventanas), die Bulgarin Raliza Petrowa (2016 für Godless), die Brasilianerin Julia Murat (2022 für Rule 34) und die Litauerin Saulė Bliuvaitė (2024 für Toxic).
In den Jahren 1946–1948, 1950 und 1952–1957 fand kein offizieller Wettbewerb statt; eine Ersatzjury kürte den Sieger.
Goldener Leopard (C. P. Company)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1996 wird zusätzlich ein zweiter, vom italienischen Modeunternehmen C.P. Company gestifteter „Goldener Leopard“ verliehen: bis 2005 für den Sieger im Videowettbewerb, ab 2006 im Wettbewerb Cineasten der Gegenwart (Cineasti del Presente):
Ehrenleopard
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die „Ehrenleoparden“ (Pardo d’onore) werden seit 1989 an Filmkünstler verliehen, in der Regel für ihr Lebenswerk. Die Statue entspricht der des Goldenen Leoparden.
- 1989: Ennio Morricone
- 1990: Gian Maria Volonté
- 1991: Jacques Rivette
- 1992: Manoel de Oliveira
- 1993: Sam Fuller
- 1994: Kira Muratowa
- 1995: Jean-Luc Godard
- 1996: Werner Schroeter
- 1997: Bernardo Bertolucci
- 1998: Joe Dante
- 1999: Daniel Schmid
- 2000: Paul Verhoeven und Paolo Villaggio
- 2001: Chen Kaige
- 2002: Sydney Pollack
- 2003: Ken Loach
- 2004: Ermanno Olmi
- 2005: Terry Gilliam, Abbas Kiarostami und Wim Wenders
- 2006: Alexander Sokurow
- 2007: Hou Hsiao-Hsien
- 2008: Amos Gitai
- 2009: William Friedkin
- 2010: Alain Tanner und Jia Zhangke
- 2011: Abel Ferrara
- 2012: Leos Carax
- 2013: Werner Herzog
- 2014: Agnès Varda
- 2015: Marco Bellocchio und Michael Cimino
- 2016: Alejandro Jodorowsky
- 2017: Todd Haynes[14]
- 2018: Bruno Dumont[15]
- 2019: John Waters
- 2021: John Landis
- 2022: Kelly Reichardt[16][17]
- 2023: Harmony Korine[18]
- 2024: Jane Campion[19]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Rules and Regulations for participation, Locarno75. In: locarnofestival.ch (abgerufen am 13. August 2022).
- ↑ Der Pardo d’oro von Locarno75 geht an Regra 34. In: locarnofestival.ch, 13. August 2022 (abgerufen am 13. August 2022).
- ↑ 1955 wurde der Hauptpreis durch eine Jury des schweizerisch-italienischen Radios (Radio della Svizzera Italiana) vergeben.
- ↑ 1957 wurde jeweils ein Hauptpreis vom Schweizer Verband der Filmjournalisten (Giuria dell’Associazione Svizzera della stampa cinematografica; Der Schrei) und einer Jury des schweizerisch-italienischen Radios (Radio della Svizzera Italiana; Das nackte Gesicht) vergeben.
- ↑ 1959 wurde nur ein Preis für die Beste Regie an Stanley Kubrick (Der Tiger von New York) vergeben.
- ↑ Aus politischen Gründen vergab im Jahr 1968 anstatt der offiziellen Wettbewerbsjury die Jugendjury (Giuria dei giovani) den Hauptpreis.
- ↑ 1971 wurden getrennt Goldene Leoparden für Debütregisseure (Blain, Farina, Gariba) beziehungsweise Zweitfilme (Platts-Mills, Piotrovsky) vergeben.
- ↑ 1982 wurde kein Goldener Leopard verliehen, sondern nur lobende Erwähnungen ausgesprochen.
- ↑ Preisträger 2018 bei mms-online.ch (abgerufen am 16. August 2018)
- ↑ Preisträger 2019 bei mms-online.ch (abgerufen am 18. August 2019)
- ↑ Locarno International Film Festival 2022 Awards. Internet Movie Database, abgerufen am 14. August 2022 (englisch).
- ↑ Locarno International Film Festival 2023 Awards. Internet Movie Database, abgerufen am 16. August 2024 (englisch).
- ↑ Locarno77: Der Pardo d’Oro geht an Akiplėša (Toxic) von Saulė Bliuvaitė. In: locarnofestival.ch. 17. August 2024, abgerufen am 17. August 2024.
- ↑ Pardo d’onore Manor for Todd Haynes (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2023. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei pardo.ch, 18. Juli 2017 (abgerufen am 20. Juli 2017).
- ↑ Festival del film Locarno 2018 (abgerufen am 22. Juli 2018)
- ↑ Locarno-Ehrenleopard geht an Kelly Reichhardt. In: ORF.at. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ Kelly Reichardt to Receive the Pardo d’onore Manor at Locarno75. In: locarnofestival.ch. 13. April 2022, abgerufen am 13. April 2022 (englisch).
- ↑ Locarno vergibt Pardo d’onore Manor an Harmony Korine. In: k.at. 9. Mai 2023, abgerufen am 9. Mai 2023.
- ↑ Locarno Film Festival vergibt Pardo d’onore Manor an Jane Campion. In: swissinfo.ch. 24. April 2024, abgerufen am 24. April 2024.