Tostedt

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Wappen Deutschlandkarte
Tostedt
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Tostedt hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 53° 17′ N, 9° 43′ OKoordinaten: 53° 17′ N, 9° 43′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Harburg
Samtgemeinde: Tostedt
Höhe: 61 m ü. NHN
Fläche: 48,45 km2
Einwohner: 14.835 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 306 Einwohner je km2
Postleitzahl: 21255
Vorwahl: 04182
Kfz-Kennzeichen: WL
Gemeindeschlüssel: 03 3 53 035
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Schützenstraße 24
21255 Tostedt
Bürgermeister: Gerhard Netzel (SPD)
Lage der Gemeinde Tostedt im Landkreis Harburg
KarteKönigsmoorOtterWelleTostedtWistedtTostedtHandelohUndelohDohrenHeidenauDohrenKakenstorfDrestedtWenzendorfHalvesbostelRegesbostelMoisburgHollenstedtAppelNeu WulmstorfRosengartenBuchholz in der NordheideEgestorfHanstedtJesteburgAsendorfMarxenHarmstorfBendestorfBrackelSeevetalLandkreis HarburgNiedersachsenLandkreis Rotenburg (Wümme)Landkreis HeidekreisLandkreis LüneburgLandkreis StadeFreie und Hansestadt HamburgSchleswig-HolsteinGödenstorfEyendorfVierhöfenGarlstorfSalzhausenToppenstedtWulfsenGarstedtStelleTespeMarschachtDrageWinsen
Karte

Tostedt (niederdeutsch Töst) ist eine Gemeinde im Landkreis Harburg in Niedersachsen und der Verwaltungssitz der Samtgemeinde Tostedt.

Geografie

Geografische Lage

Blick vom Tostedter Kirchturm in Richtung Schützenstraße

Tostedt liegt am nordwestlichen Rand der Lüneburger Heide beziehungsweise am südöstlichen Rand der zur Stader Geest gehörenden Zevener Geest. Dort befindet sich die Gemeinde südwestlich der Harburger Berge und von Buchholz. Der höchste Punkt des Ortes befindet sich mit 70 Metern über NN direkt am Ortseingang aus Richtung Welle, der niedrigste mit 43 Metern über NN am östlichen Ende von Todtglüsingen.

Nachbargemeinden

Gemeindegliederung

Im Kernort Tostedt wohnen etwa 10.500 Einwohner. Im Ortsteil Todtglüsingen sind noch einmal 3.200 Einwohner. Todtglüsingen ist im Zuge der Gebietsreform 1972 in die Gemeinde Tostedt eingemeindet worden, hat seine kulturelle Eigenständigkeit aber teilweise bewahren können. Als Samtgemeinde zählt Tostedt mehr als 26.000 Einwohner Zur Gemeinde Tostedt gehören die Orte Tostedt, Todtglüsingen, Langeloh, Neddernhof und Wüstenhöfen sowie die Gehöfte Dreihausen und Tiefenbruch. Der Ort Tostedt Land gehört teilweise zur Gemeinde Tostedt und teilweise zur Gemeinde Wistedt.[2]

Geschichte

Blick vom Tostedter Kirchturm in Richtung Wistedt

Tostedt wurde 1105 erstmals urkundlich erwähnt. Seit 1625 ist in Tostedt die Gerichtsbarkeit (Symbol: Pferdeschädel) nachgewiesen. Noch heute ist Tostedt Sitz eines Amtsgerichtes mit übergeordneter Zuständigkeit des Handelsregisters für den gesamten Bereich des Elbe-Weser-Dreiecks. In der alten Posthalterei am Sande (wo die Pferde der Postkutschen gewechselt wurden) im Hause der Familie Huth soll sich Napoleon aufgehalten haben.

Politik

Gemeinderat

Der Gemeinderat, der am 11. September 2011 gewählt wurde, setzt sich wie folgt zusammen:

(Stand: Kommunalwahl am 11. September 2011)

Gemeindevorsteher und Bürgermeister

Der Titel „Bürgermeister“ wurde in Tostedt 1935 eingeführt.

  • Christoph Wicke (1853-1872)
  • Joachim Kröger (1872-1898)
  • Friedrich Sommerfeld (1899-1904)
  • Karl Möller (13. März 1904-27. Oktober 1919)
  • Adolf Gerlach (27. Oktober 1919-23. Januar 1931)
  • Claus Hamann (1. Februar 1931-30. September 1933)
  • Otto Mohrmann (1. Oktober 1933-30. September 1934)
  • Claus Hamann (1. Oktober 1934-31. Mai 1945)
  • Alexander Daum (11. Juni 1945-31. August 1945)
  • Friedrich Rossmann (1. September 1945-28. September 1946)
  • Heinrich Fricke (29. September 1946-7. Dezember 1950)
  • Willy Aldag (8. Dezember 1950-15. März 1971)
  • Paul Elbers (13. April 1971-18. November 1976)
  • Eckart Weithoener (19. November 1976-14. Januar 1979)
  • Ruth Zuther (18. Januar 1979-5. November 1981)
  • Günter Weiß (5. November 1981-27. November 1991)
  • Klaus-Dieter Feindt (27. November 1991-31. Oktober 1996)
  • Günter Weiß (1. November 1996-21. März 2008)
  • Erwin Becker (25. August 2008-1. November 2011)

Ehrenamtlicher Bürgermeister ist seit dem 2. November 2011 Gerhard Netzel.[3]

Wappen

Blasonierung: Im grünen Schildhaupt ein silbernes Schwert mit goldenem Knauf, durchkreuzt von einer silbernen Axt mit goldenem Stiel. Darunter in Silber eine grüne Eiche mit goldenen Eicheln auf grünem Boden. Die Eiche deutet auf die zahlreichen Waldungen auf dem sich um Tostedt hinziehenden Höhenrücken, genannt „Tot“. Die Axt weist auf Holzeinschlag im „Tot“. Das Schwert symbolisiert Tostedt bereits um 1625 als Sitz der Gerichtsbarkeit.[4]

Gemeindepartnerschaften

Städtepartnerschaften bestehen seit 1989 mit Morlaàs in Frankreich und seit 1992 mit Lubaczów in Polen.[5]

Politische Besonderheiten

In der überregionalen Presse fällt die Gemeinde Tostedt durch starke rechtsextreme Strukturen auf.[6] Der niedersächsische Verfassungsschutz erwähnt Tostedt als einen „regionalen Schwerpunkt“ in Bezug auf „gewaltbereite Rechtsextremisten“.[7] Im Juni 2010 wurde für Tostedt eine besondere Ermittlungsgruppe für Extremismus ins Leben gerufen.[8] Dagegen hatte der Polizeichef des Landkreises Harburg noch 2009 erklärt, Tostedt habe im Moment kein wirkliches Problem mit den Rechten, die Situation sei nicht besorgniserregend.[9]

Seit einigen Jahren formiert sich in Tostedt bürgerlicher Protest gegen die rechte Szene. So wurde 1998 in Folge eines rechtsextremen Übergriffs am 20. April, bei dem eine junge Frau schwer verletzt wurde, das „Forum für Zivilcourage“ gegründet.[10]

Jedoch wurde aufgrund der bereits in den 1990er Jahren in Erscheinung getretenen rechten Strukturen[11] in dem 13.000-Einwohnerdorf Tostedt 2005 „Norddeutschlands größter Szeneladen“ Streetwear Tostedt eröffnet. Der Inhaber Stefan Silar, der 1992 wegen Totschlags zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt wurde,[12] wird vom Verfassungsschutz als „langjähriger Szeneaktivist“ erwähnt.[13][14] Zudem wurde er im Frühjahr 2011 wegen schweren Landfriedensbruchs zu 18 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.[15] Das Urteil wird später vom Oberlandesgericht revidiert.[16]

2009 machten rund 20 in der evangelischen Jugend organisierte Jugendliche in einem offenen Brief auf die Problematik aufmerksam.[17] In der Folge wurden bei einem der Hauptinitiatoren des offenen Briefes die Fensterscheiben eingeschlagen.[18] Im Mai 2010 kam es zu einem weiteren schweren Übergriff durch Rechtsextreme im Ortsteil Wistedt, bei dem mehrere nicht rechtsgerichtete Jugendliche durch Schläge mit Klappspaten und anderen improvisierten Waffen teilweise lebensgefährlich verletzt wurden.[19]

Wenige Wochen später wurde durch die Antifaschistische Bewegung am 6. März 2011 eine Informationsveranstaltung organisiert, auf der über Neonazis in Tostedt und extrem rechte Aktivitäten und Strukturen in der Nordheide unter anderem mit dem Journalisten Andreas Speit gesprochen wurde.[20] Am 19. März 2011 fand zudem eine antifaschistische Demonstration mit dem Titel Kein Vergeben – Kein Vergessen!, die an den Todestag von Gustav Schneeclaus erinnern soll, statt.[21][22] Bei dem friedlichen Protestzug nahmen etwa 550 Antifaschisten teil.[23]

Am 4. Februar 2012 fand in der Gemeinde ein Bürgerprotest infolge des Beschlusses des Oberlandesgerichts Celle statt. Es hatte aus Rechtsgründen ein Urteil des Landgerichts Stade aufgehoben und das Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs gegen den Neonazi Stefan Silar eingestellt. Infolgedessen darf der Szeneladen weiter betrieben werden.[24][25]

Musikalisches Leben

Seit über 150 Jahren gibt es den Spielmannszug des Schützenvereins Tostedt und Todtglüsingen und den Männergesangverein Tostedt sowie diverse eher regional bekannte Gruppen, Spielzüge und Bands. Im Bereich der kirchlich-klassischen Musik ist die Johannes-Kantorei der Ev.-luth. Kirchengemeinde unter der Leistung der Kantorin Wiebke Corleis bekannt.

Sport

Die erfolgreichsten Tostedter Sportvereine sind der Todtglüsinger Sportverein, mit mehr als 5700 Mitgliedern einer der 10 größten Niedersächsischen Sportvereine, der MTV Tostedt mit Zugehörigkeit zur ersten und zweiten Tischtennisbundesliga der Damen sowie die Baseball-Bundesligamannschaft der Dohren Wild Farmers. Die Junioren der Wild Farmers sind amtierender deutscher Meister (2010).

Des Weiteren gibt es noch die Schützenvereine in Tostedt und in Todtglüsingen, sowie einen Tennisclub und einen Reit- und Fahrverein.

Sicherheit

In der Gemeinde Tostedt gibt es zwei Freiwillige Feuerwehren, welche für den Brandschutz im Ort sorgen. Dies sind die Feuerwehr Tostedt und die Feuerwehr Todtglüsingen.

Regelmäßige Veranstaltungen

Zu den Veranstaltungen des Werbekreis Tostedt e.V. zählen der Töster Markt, der Hamstermarkt und der Christkindlmarkt.

Der Töster Markt findet seit 1973 immer am ersten Oktoberwochenende statt und gilt als größter Flohmarkt Norddeutschlands. Rund 700 Aussteller, die außer aus Deutschland auch aus den Niederlanden und Dänemark kommen, bieten auf dem Flohmarkt auf ca. 6.580 Metern Standfrontfläche ihre Waren an.[26]

Der Töster Hamstermarkt ist ein Kleintier- und Pflanzenmarkt, verbunden mit einem verkaufsoffenen Sonntag, an dem viele Geschäfte in Tostedt geöffnet haben und Attraktionen, sowie Schnäppchenpreise anbieten. Der Hamstermarkt findet jedes Jahr im Mai statt.

Seit 1974 veranstaltet der Werbekreis Tostedt jährlich am 1. Adventswochenende den Christkindlmarkt.

Die Messe Tostedt ist eine Verbrauchermesse in der Schützenstraße auf dem Schützenplatz. Sie findet jedes zweite Jahr im November statt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Die Gemeinde an der Bundesstraße 75 nahe der A1 war früher Zwischenstation und Ausspanne für die Postkutschen zwischen Hamburg und Bremen. Tostedt zählt zur Metropolregion Hamburg, gehört zum Hamburger Verkehrsverbund, ist im Rahmen des Hanse-Netzes Zwischenstop des Metronom Regional und des metronom von Hamburg nach Bremen. Der Bahnhof (Kursbuchstrecke 120 HamburgBremen) wurde bis November 2006 behindertengerecht ausgebaut und liegt etwa 35 Minuten von Hamburg Hbf bzw. 45 Minuten von Bremen Hbf entfernt.

Öffentliche Einrichtungen

Das 1961 entstandene Freibad der Samtgemeinde Tostedt ist eines der wenigen Bäder bundesweit mit freiem Eintritt. Im Ort befindet sich weiterhin seit 1982 eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg, sowie eine Werkstatt (ViaNova) für seelisch behinderte Menschen.

Bildung

Tostedt besitzt ein Gymnasium, zwei Realschulen, eine Hauptschule, sowie mehrere Grundschulen. Zu den ansässigen Kindergärten gehört ein Naturkindergarten.

Personen und Persönlichkeiten

in Tostedt geboren

mit Tostedt verbunden

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2023 (Hilfe dazu).
  2. Mitteilung der Samtgemeinde Tostedt
  3. Alle Daten zu den Amtszeiten nach Auskunft des Samtgemeindearchivs Tostedt
  4. Walter Bostelmann: Dokumentation über die Entstehung der Wappenfassade am Gymnasium Tostedt. Hrsg.: Samtgemeindeverwaltung Tostedt. Tostedt Juli 1991, S. 27.
  5. Tostedts Partnerschaften. Abgerufen am 10. August 2011.
  6. Klaus Schmidt: Schöner leben mit Nazi-Läden? Süddeutsche Zeitung, 6. August 2008, S. 1-3, abgerufen am 4. Februar 2012.
  7. Verfassungsschutzbericht-Niedersachsen 2009. (pdf) Niedersächsischer Verfassungsschutz, 2009, S. 91, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 4. Februar 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.verfassungsschutz.niedersachsen.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  8. Ermittlungsgruppe für Extremismus ins Leben gerufen. Harburger Anzeigen und Nachrichten, 1. Juni 2010, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 4. Februar 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.han-online.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  9. Olaf A. Schmitz: Auf dem rechten Auge stark kurzsichtig. WilliZ Weblog, 14. Mai 2009, abgerufen am 4. Februar 2012.
  10. Tostedt gegen rechts. Forum für Zivilcourage Tostedt, abgerufen am 4. Februar 2012.
  11. German swoop on neo-Nazis. BBC, 5. August 2000, abgerufen am 4. Februar 2012 (englisch).
  12. Quelle: Hamburger Abendblatt über den Totschlag
  13. Meldung über Stefan Silar. Niedersächsischer Verfassungsschutz, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 4. Februar 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/news.bbc.co.uk (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  14. Skinheads zeigen keine Reue. In: unbekannt. Buxtehuder Tageblatt, 7. April 2011, abgerufen am 4. Februar 2012.
  15. Carsten Weede: 18 Monate für Rechtsextremisten. Harburger Anzeigen und Nachrichten, 22. Februar 2011, abgerufen am 19. März 2011.
  16. Jürgen Sperl: Rechter Szene-Laden in Tostedt bleibt auf. NDR, 17. Januar 2012, abgerufen am 4. Februar 2012.
  17. Tostedt: Jugendliche gegen Rechts. Hamburger Abendblatt, 5. Mai 2009, abgerufen am 4. Februar 2012.
  18. Anschlag: Schüler erstattet Anzeige. Hamburger Abendblatt, 14. Mai 2009, abgerufen am 4. Februar 2012.
  19. Nazis? Nicht bei uns! TAZ, 27. Mai 2010, abgerufen am 4. Februar 2012.
  20. Bianca Marquardt: Bekenntnis gegen Rechts. (PDF; 0,55 MB) Kreiszeitung Wochenblatt: Nordheide Wochenblatt, 9. März 2011, abgerufen Format invalid.
  21. Demo 19.03.11. Antifabündnis gegen Rechts, abgerufen Format invalid.
  22. Bekenntnis gegen Rechts. (PDF; 0,07 MB) Antifabündnis gegen Rechts, 15. Februar 2011, abgerufen Format invalid.
  23. Bianca Marquardt: Demo gegen die "Nazi-Pest". Hrsg.: Kreiszeitung Wochenblatt: Nordheide Wochenblatt. 23. März 2011, S. 36.
  24. Gerhard Netzel: Offener Brief an alle Tostedter Mitbürgerinnen und Mitbürger. Gemeinde Tostedt, abgerufen am 5. März 2012.
  25. Tostedt gegen Rechts: Bürger demonstrieren am 4. Februar gegen Neonazis. Kirchenkreis Hittfeld, abgerufen am 4. Februar 2012.
  26. Infos zum Töster Markt
Commons: Tostedt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien