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Duran Duran "A View To A Kill" (2024)

John Taylor traut seinen Augen nicht, als er auf einer Party einen ganz bestimmten Gast entdeckt. Er weiß, dass dieser Mann der einzige Mensch auf der ganzen Welt ist, der einen von John Taylors größten Träumen wahr werden lassen kann: nämlich, mit seiner Band Duran Duran, einen Song zu einem James Bond-Film beizusteuern. Dass der Drink in John Taylors Hand weder sein erster noch zweiter an diesem Abend ist, spielt keine Rolle. Er weiß, dass er diese Chance vermutlich nicht noch einmal bekommen wird. Und so steuert er, seine Freundin im Arm, auf den Mann zu.

"Ich glaube, ich habe mich als Kind von der Figur James Bond und den Filmen angezogen gefühlt, vor allem von den Gadgets, den Drehorten und den Reisen", erinnert sich John Taylor später.

Und diese Leidenschaft aus Kindheitstagen behält John auch als Erwachsener bei. Von seiner ersten großen Gage bei Duran Durankauft John Taylor sich sofort einen Aston Martin DB5. Mit dem legendären Bond-Auto war der Geheimdienstagent zum ersten Mal in "Goldfinger" unterwegs.

Und dann – es muss irgendwann 1984 gewesen sein – wird er zu dieser Party eingeladen. Seine Band ist damals mit Hits wie "The Wild Boys"oder "The Reflex" schon weltberühmt. Und der eine Mann, den Taylor unter den Gästen entdeckt, heißt Albert Romolo Broccoli – wegen seiner kräftigen Figur nur „Cubby Broccoli“ genannt, also Würfel-Broccoli.

Albert Romolo Broccoli ist einer der beiden Männer, der die James Bond-Reihe ins Leben gerufen hat. Er ist der Produzent, der alle wichtigen Entscheidungen trifft – unter anderem auch, wer den nächsten Bond-Song singen würde. John Taylor als Super-Fan weiß das natürlich.Und als er nun also Albert Romolo Broccoli entdeckt, ist seine Mission klar – er muss Albert Romolo Broccoli überzeugen, dass niemand anderes als Duran Duran diesen Auftrag übernehmen solle.

Den Traum, einen Titelsong für Bond zu schreiben, war dabei nicht neu. John Taylor hatte deswegen in Interviews schon mehrfach heftig mit dem Zaunpfahl gewunken. So erwähnte er mehrfach ungefragt seine Bond-Video-Kollektion. Und er hatte auch schon öfter erklärt, dass er die Titelsongs der letzten Bond-Filme eher mittelmäßig fand.

John Taylors Freundin Janine Andrews stellte die beiden vor. Sie kannte Albert Romolo Broccoli, weil sie 1983 in "Octopussy" mitgespielt hatte. Mit anderen Worten: Super-Fan John Taylor war tatsächlich mit einem Bond-Girl zusammen.Der mindestens angetrunkene John Taylor soll gleich im ersten Satz zur Sache gekommen sein: „Wann engagiert ihr endlich mal jemanden Ernstzunehmenden für einen Bond-Song?“

John Taylor redete lange auf Albert Romolo Broccoli ein. Und dabei war nach Aussagen von Anwesenden sehr viel Alkohol im Spiel. Ein paar Drinks später soll John Taylor gesagt haben: "Wenn ich dir einen Fünfer gebe, kann ich dann bitte die Titelmelodie schreiben?"

Ziemlich dreist. Und … ziemlich erfolgreich!

Denn tatsächlich willigte der legendäre Produzent schließlich ein. Duran Duran durften den Song für „A View to a Kill“ übernehmen, in Deutschland wird er “Im Angesicht des Todes” heißen. Und damit nicht genug: Es gab keine Vorgaben; sie hatten völlig freie Hand! Für John Taylorging ein Traum in Erfüllung.

Die erste Euphorie ist groß. Doch weil auch alle Bandmitglieder von Duran Duran Bond-Fans sind, spüren sie plötzlich auch einen riesengroßen Respekt vor dieser besonderen Aufgabe.

Albert Romolo Broccoli stellt ihnen den Komponisten John Barry zur Seite. Der hat die Soundtracks zu etlichen großen Filmen wie „Der mit dem Wolf tanzt“, „Jenseits von Afrika“ und zahlreiche James Bond-Filme geschrieben. Im Laufe seiner Karriere hat er fünf Oscars und vier Grammys gewonnen.

Doch das erste Treffen mit Duran Duranhaut selbst ihn um.

Es findet am 2. November 1984 bei John Taylor in London Knightsbridge statt. Bevor es an die Arbeit geht, genehmigen sich alle erst einmal einen Drink – zum Kennenlernen. Dann noch einen, noch einen… und irgendwann sind sie so betrunken, dass sie keine Idee und keine einzige Note zu Papier bringen. Vor allem John Barry, der nur selten Alkohol trinkt, ist völlig hinüber. In einem Interview erinnert er sich, dass die Jungs ihn zu später Stunde irgendwie in ein Taxi nach Hause verfrachtet haben. Und dass es ihm am nächsten Tag sehr, sehr schlecht ging…

Beim nächsten Mal treffen sie sich im Studio. Eine Idee haben sie immer noch nicht. Als sie anfangen, sagt John Taylor zu Schlagzeuger Roger Taylor: "Hey Rog, wie geht nochmal der Beat von 'Honky Tonk Woman'?"Und tatsächlich:Duran Duran haben sich bei den guten, alten Rolling Stones bedient.

Der Beat bildet das Fundament für einen bis dahin ziemlich ungewöhnlichen Bond-Song. Denn bisher waren Titelsongs pompös und glamourös."Wir haben nicht versucht, einen Song zu schreiben, der wie Eartha Kitt oder Tom Jones klingt", sagt Simon Le Bon später, "Wir wollten einen Duran Duran-Bond-Song machen und sicherstellen, dass er auch so klingt."

Duran Duran tragen viele einzelne Elemente zusammen, Komponist John Barry macht daraus am Ende ein großartiges Lied. Das erscheint am 6. Mai 1985 und wird weltweit ein Hit. "A View to a Kill" schafft es als erster Bond-Song überhaupt auf Platz 1 der amerikanischen Charts. Ein riesiger Triumph… könnte man meinen, aber so war es nicht.

Denn „A View to a Kill“ ist nicht nur ein besonderer Song für Duran Duran, weil es ein Bond-Titelsong ist. Es ist auch das letzte Lied, das die Band in ihrer ursprünglichen Erfolgsbesetzung aufnimmt. Schon im Studio gibt es Spannungen zwischen den Bandmitgliedern. Und auch im Video zum Song zeigt sich die Spaltung der Band. Hier spionieren und beobachten sich die Bandmitglieder auf dem Eiffelturm gegenseitig. Ein Team besteht dabei aus Simon Le Bon, Nick Rhodes und Roger Taylor, die danach ihre eigene New Wave Band Arcadiagründen - das andere Team besteht aus John Taylor und Andy Taylor, die danach ihr Rock-Projekt The Power Stationstarten. Die Aufnahmen sind fast durchgehend so geplant, dass sich die beiden Lager gar nicht mehr persönlich sehen müssen.

Im Sommer 1985 spielenDuran Duran den Song auch bei ihrem Live Aid-Auftritt, ihr erster Song auf der Playlist: „A View to a Kill“. Es wird ihr vorerst letzter gemeinsamer Auftritt sein. Sie spielten vor 100.000 Menschen im JFK-Stadion in Philadelphia - 1,5 Milliarden Menschen schauen weltweit zu.Während viele 80er Stars ihre Teilnahme bei dem gigantischen Charity-Event als einen Höhepunkt ihrer Karriere betrachten, war das bei Duran Duran nicht so.: "Es herrschte eine Nervosität in beiden Lagern, unser Verhältnis hatte sich seit Paris nicht verbessert", erinnert sich John Taylor. Als sie von der Bühne kommen, gibt es keine Umarmungen, keine Herzlichkeit, kein Triumphgefühl. Sie stehen sich wie Fremde gegenüber und gehen schnell auseinander.

Auf ein Happy End mussten die Fans lange warten. Zwar taten sich die Herren schon 1986 in kleiner Besetzung wieder zusammen, aber erst 2001 stiegen auch John Taylor und Andy Taylor wieder ein. „A View to a Kill“ wird der am meisten aufgeführte James Bond-Song aller Zeiten, über 750 Mal hat Duran Duran ihn auf die Bühne gebracht.Und den Mann, der im Studio aus ihren Einzelteilen den Song gebastelt hat, haben sie nie vergessen.

Als John Barry 2011 starb, erschien Simon Le Bon beim Coachella Festival ganz Bond-mäßig im Smoking auf der Bühne. Und John Taylor erklärte: "Wir haben in diesem Jahr einen lieben Freund von uns verloren. Sein Name war John Barry, ein großer englischer Komponist, der in Hollywood bekannt ist. Wir spielen das für ihn."

Jahr:1985
Länge: 03:32
Album: A View to a Kill
Label: EMI

Duran Duran  "A View To A Kill" (2024)

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Author: Roderick King

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