SUPPLEMENT: Perspektiven der Onkologie
Pleuramesotheliom: Überlebensvorteil hält mit Immuntherapie an
Nivolumab plus Ipilimumab führen zu einer signikanten und klinisch bedeutsamen Verbesserung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur Standardchemotherapie bei zuvor unbehandeltem nichtresezierbaren Pleuramesotheliom.
Das maligne Pleuramesotheliom war lange Zeit eine der hoffnungslosesten Indikationen in der Onkologie. Insbesondere die neuen Immuntherapien haben in den letzten Jahren Bewegung in die Behandlung dieser Erkrankung gebracht: So konnte in der Phase-III-Studie CheckMate-743 die 2-jährige Behandlung mit einer Kombination aus dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab und dem PD-1-Inhibitor Nivolumab gegenüber der klassischen Chemotherapie das Gesamtüberleben signifikant verbessern (1), was zur weltweiten Zulassung in der Erstlinie führte. Solange Peters von der Universität Lausanne konnte nun beim ESMO-Kongress neue Resultate mit einer mindestens 3-jährigen Nachbeobachtungszeit sowie Biomarkeranalysen vorstellen (2).
In der CheckMate-743-Studie waren 605 Patienten mit neu diagnostiziertem, nichtresezierbarem, malignem Pleuramesotheliom randomisiert worden, um entweder 6 3-wöchige Zyklen einer Chemotherapie (Cisplatin oder Carboplatin plus Pemetrexed) oder für maximal 2 Jahre eine Immuntherapie mit Nivolumab (3 mg/kg alle 2 Wochen) und Ipilimumab (1 mg/kg alle 6 Wochen) zu erhalten.
Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben; als exploratorische Endpunkte waren die Sicherheit und eine Liste von Biomarkern festgelegt worden. Insbesondere sollte das Überleben mit einem Score korreliert werden, in den die Expression von 4 inflammatorischen Genen (CD8A, PD-L1, STAT-1, LAG-3) einging. Außerdem wurde ein Lungen-Immun-Prognose-Index (LIPI) erhoben, der auf dem Verhältnis von Neutrophilen zu Lymphozyten sowie den Laktatdehydrogenasetitern zu Beginn der Therapie basierte.
Bezüglich der Ansprechraten unterschieden sich beide Arme nicht, sagte Peters beim ESMO-Kongress: Im Immuntherapiearm waren es 39,6 %, im Kontrollarm 44,0 %. Bereits bei der Dauer des
Ansprechens aber war – nach einer Mindestnachbeobachtungsdauer von 35,5 Monaten – die Immuntherapie mit median 11,6 vs. 6,7 Monaten
signifikant überlegen; 28 % der Responder sind auch nach 3 Jahren noch in Remission.
Ebenso zeigte sich eine anhaltende Überlegenheit der Immuntherapie beim Gesamtüberleben mit median 18,1 vs. 14,1 Monaten (HR 0,75; 75-%-KI: 0,63–0,90). Nach 3 Jahren waren noch 23,2 % vs. 15,4 % der Patienten am Leben; beim progressionsfreien Überleben lagen die 3-Jahres-Raten bei 13,6 % respektive 0,8 %.
Genomanalyse findet mögliche Therapieansätze
Die inflammatorische Gensignatur hatte im Immuntherapiearm auch einen Einfluss: Patienten mit einem hohen Score überlebten median 21,8 Monate, diejenigen mit einem niedrigen Score lediglich 16,8 Monate. Im Chemotherapiearm wirkte sich der Score nicht aus. Auch der LIPI-Index könnte eine Rolle spielen: Hier betrugen die Hazard Ratios für das Gesamtüberleben bei Patienten mit guten, intermediären und schlechten Werten 0,78 (95-%-KI: 0,60–1,01), 0,76 (95-%-KI: 0,57–1,01) beziehungsweise 0,83 (95-%-KI: 0,44–1,57); zumindest in der letzten Gruppe scheint der Überlebensvorteil nicht mehr signifikant zu sein, auch wenn die niedrigen Patientenzahlen hier keine definitive Aussage zulassen.
Die Immuntherapie war gut verträglich: Mit einer Häufigkeit von 30,7 % traten Grad-3/4-Nebenwirkungen hier nicht öfter auf als im Chemotherapiearm mit 32,0 %. In einer Post-hoc-Analyse war ein Abbruch der Immuntherapie wegen Nebenwirkungen nicht mit einem schlechteren Outcome assoziiert:
34 % der Responder, die die Behandlung abgebrochen hatten, befanden sich auch nach mehr als
3 Jahren noch in Remission.
Auch wenn nach mindestens 3 Jahren Nachbeobachtung die Immuntherapie bei den Patienten im
experimentellen Arm seit mindestens einem Jahr beendet war, halte der Überlebensvorteil durch Ipilimumab/Nivolumab beim nicht operablen Pleuramesotheliom also weiterhin an, so Peters – ohne dass neue Sicherheitssignale beobachtet worden wären.
DOI: 10.3238/PersESMO.2021.10.22.14
Josef Gulden
DOI: 10.1016/S0140–6736(20)32714–8.