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Blei(II)-acetat

organische Verbindung
(Weitergeleitet von Bleizucker)

Blei(II)-acetat, ein farbloser kristalliner Feststoff, ein Acetat des Bleis, also ein Salz der Essigsäure. Neben der wasserfreien Form ist auch das Trihydrat Pb(CH3COO)2 · 3 H2O bekannt. Historische Bedeutung hat es als Süßstoff, wofür es wegen seiner Giftigkeit heute nicht mehr verwendet wird. Heutzutage dient es insbesondere als Zwischenprodukt bei der Herstellung anderer Bleiverbindungen. Das andere wichtige Acetat des Bleis ist Blei(IV)-acetat, ein starkes Oxidationsmittel.

Strukturformel
Bleiion    Acetation
Allgemeines
Name Blei(II)-acetat
Andere Namen
  • Bleiacetat
  • Bleizucker
  • Bleiessig
  • essigsaures Blei
  • essigsaures Bleioxyd (veraltet)
  • Plumbum aceticum (lat.)
Summenformel
  • C4H6O4Pb (wasserfrei)
  • C4H12O7Pb (Trihydrat)
Kurzbeschreibung

farblose, süßlich schmeckende, monokline Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 206-104-4
ECHA-InfoCard 100.005.551
PubChem 16685321
Wikidata Q422837
Eigenschaften
Molare Masse
  • 325,28 g·mol−1 (wasserfrei)
  • 379,33 g·mol−1 (Trihydrat)
Aggregatzustand

fest

Dichte

3,25 g·cm−3 (wasserfrei)[2]

Schmelzpunkt
  • 280 °C (wasserfrei)[2]
  • 75 °C (Trihydrat)[2]
Siedepunkt

Zersetzung: ab 200 °C[1]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser (456 g·l−1 bei 20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 360Df​‐​373​‐​410
P: 201​‐​273​‐​308+313​‐​501[2]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend: fortpflanzungs­gefährdend (CMR)[4]

Toxikologische Daten

4670 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Geschichte

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Bleizucker in kristalliner Form

Bekannt ist Blei(II)-acetat als Bleizucker, da es süß schmeckt und gut in Wasser löslich ist. Trotz seiner Giftigkeit wurde Bleizucker bis zum 19. Jahrhundert als Zuckerersatz (Defrutum) verwendet – insbesondere wurde Wein damit gesüßt. Ludwig van Beethovens Tod durch verpanschte Weine wurde kontrovers diskutiert.[5][6][7] Laut neuesten Untersuchungen, bei der drei seiner Haarlocken „aufgebraucht“ wurden, litt er tatsächlich an einer chronischen Bleivergiftung.[8] Eine Bleizuckerfabrik, die Anfang des 19. Jahrhunderts auf dem Gelände des Sacrower Schlossparks betrieben wurde, konnte archäologisch untersucht werden.[9]

Daneben diente Blei(II)-acetat als Edukt in frühen Synthesen des Acetons. Dessen Herstellung durch trockene Destillation von Metallacetaten war schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts bekannt und Bleiacetat wurde am häufigsten eingesetzt.[10]

Darstellung

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Wasserfreies Blei(II)-acetat kann durch Reaktion von Blei(II)-oxid oder Blei(II)-carbonat mit Eisessig (reiner Essigsäure) gewonnen werden:[11]

 

Durch Reaktion von Blei(II)-oxid mit verdünnter Essigsäure wird Blei(II)-acetat-Trihydrat erhalten.[11]

Eigenschaften

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Wasserfreies Blei(II)-acetat ist ein weißer kristalliner Feststoff und sehr leicht wasserlöslich. Das Trihydrat ist ebenfalls ein farbloser kristalliner Feststoff und gut wasserlöslich, aber unlöslich in Ethanol.[11] Blei(II)-acetat-Trihydrat kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 15,85 Å; b = 7,30 Å, c = 9,10 Å und β = 109,8 ° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[12]

Verwendung

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Lösungen von Blei(II)-acetat dienen vor allem zur Gewinnung anderer Bleiverbindungen. Oft wird das Trihydrat zur Herstellung von Bleiverbindungen verwendet, beispielsweise Blei(II)-carbonat durch Reaktion mit Kohlenstoffdioxid, außerdem Bleichromat und Bleiseifen.[11]

Blei(II)-acetat-Lösung dient auch zur Herstellung des Lindlar-Katalysators. Dabei handelt es sich um einen Palladium-auf-Calciumcarbonat-Katalysator, der zur selektiven Hydrierung von Alkinen zu cis-Alkenen verwendet wird. Für die selektive Reduktion wird der Katalysator einerseits mit Bleiacetat behandelt und andererseits in Gegenwart von Chinolin eingesetzt.[13]

Blei(II)-acetat dient auch als Nachweisreagenz für Sulfide. Bleipapier, ein mit einer einprozentigen wässrigen Lösung von Bleiacetat getränktes und in schwefelwasserstofffreier Luft getrocknetes Filterpapier,[14] dient zur qualitativen Erkennung von Schwefelwasserstoff (H2S), es entsteht braungraues, metallisch glänzendes Bleisulfid.[1] Bei der Isolierung von Naturstoffen kann Blei(II)-acetat genutzt werden, um störende Gerbstoffe und Flavonoide auszufällen. Der Niederschlag kann im Anschluss per Filtration abgetrennt werden. Überschüssige Pb2+-Ionen können durch Zugabe von SO42−-Ionen als Blei(II)-sulfat gefällt werden.[15]

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Einzelnachweise

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  1. a b c Eintrag zu Bleiacetate. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 11. April 2014.
  2. a b c d e f g Eintrag zu Blei(II)-acetat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu Lead di(acetate) im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 18. Oktober 2015.
  5. Brigitte M. Gensthaler: Beethoven und Blei – Tödliches Zusammenspiel. In: Pharmazeutische Zeitung, 30, 2001, abgerufen am 12. Mai 2018.
  6. Beethovens Tod: Blei war nicht die Ursache n-tv.de, 29. Mai 2010.
  7. Die Leiden des Ludwig van Beethoven. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 18. Dezember 2016]).
  8. Julia Sica: Starb Beethoven an Bleivergiftung? Analyse liefert neue Hinweise. In: Der Standard. 7. Mai 2024;.
  9. Annett Dittrich/Kerstin Gessner: Bittersüßes Salz.pdf. In: Bittersüßes Salz – Ausgrabung der Bleizuckerfabrik im Schlosspark Sacrow, Stadt Potsdam. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg (2013). 1. Januar 2015 (academia.edu [PDF; abgerufen am 18. Februar 2023]).
  10. Mel Gorman: The History of Acetone, 1600-1850. In: Chymia. Band 8, 1. Januar 1962, S. 97–104, doi:10.2307/27757220.
  11. a b c d Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. 1. Auflage. Wiley, 2003, ISBN 978-3-527-30385-4, doi:10.1002/14356007.a15_249.
  12. R. K. Rajaram, J. K. Mohana Rao: Crystal structure of lead acetate trihydrate. In: Zeitschrift für Kristallographie - Crystalline Materials. Band 160, Nr. 1-4, 1. November 1982, S. 225–234, doi:10.1524/zkri.1982.160.14.225.
  13. Judith G. Ulan, Emilio Kuo, Wilhelm F. Maier, Raghaw S. Rai, Gareth Thomas: Effect of lead acetate in the preparation of the Lindlar catalyst. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 52, Nr. 14, Juli 1987, S. 3126–3132, doi:10.1021/jo00390a031.
  14. Walter Wittenberger: Chemische Laboratoriumstechnik, Springer-Verlag, Wien, New York, 7. Auflage, 1973, S. 94, ISBN 3-211-81116-8.
  15. Egon Stahl, Werner Schild: Isolierung und Charakterisierung von Naturstoffen. 1. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart/New York 1986, ISBN 3-437-30511-5, S. 59 f.