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Über den Umgang mit Menschen

bekanntestes Werk des deutschen Schriftstellers Adolph Frh. Knigge

Über den Umgang mit Menschen ist das bekannteste Werk des deutschen Schriftstellers Adolph Freiherr Knigge (1752–1796). Es erschien erstmals im Jahre 1788. Das Buch beschäftigt sich mit „guten Umgangsformen“, was hier nicht mit der Etikette gleichzusetzen ist. Es wurde vielfach übersetzt.

Titelblatt der 1. Ausgabe

Auflagengeschichte

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1788 erschien Knigges Sammlung von Umgangsregeln: Über den Umgang mit Menschen, häufig kurz „der Knigge“ genannt, in der ersten Auflage. Im selben Jahr erschien eine zweite Auflage. Die dritte, vierte und fünfte Auflage erschienen in den Jahren 1790, 1792 bzw. 1796.[1]

 
Deutsche Sonderbriefmarke von 2002 mit Titelseite des Buches im Hintergrund

Das Buch Über den Umgang mit Menschen war schon zu Knigges Lebenszeit ein Erfolg. Nach seinem Tod wurde sein Buch wiederholt von Herausgebern umgeschrieben und in neuer Gestalt publiziert. Im Laufe der Zeit wurde es so immer mehr zu einer „Anstandsfibel“, einer Einführung in Anstandsregeln; der „moderne Knigge“ war geboren. So steht heutzutage der Name „Knigge“ in Deutschland für Benimmratgeber,[2] und der Ausdruck „Knigge“ bedeutet zumeist so viel wie „gute Manieren“ oder auch „gutes Benehmen“, was viele als Übernehmen höfischen Benehmens verstanden.[3] Doch dieser Gebrauch beruht weitgehend auf einem Irrtum.

2017 erschien in Zürich ein Original-Knigge in modernem Deutsch.[4]

Im Gegensatz zur heutigen landläufigen Meinung handelt es sich bei dem Buch keineswegs um ein Benimmbuch mit Ratschlägen zu Fragen wie, welche Gabel mit welchem Messer zu welchem Essen verwendet werden darf. Das Buch ist vielmehr eine einsichtsreiche und eine von den Idealen der Aufklärung geprägte Sammlung von „Umgangsregeln“. Im Vorwort definiert Knigge „Umgangsregeln“, wie folgt:

„Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.“[5]

Etikette, bei der die Umgangsformen nur um der offiziellen Förmlichkeit willen dargeboten werden, war nicht Knigges Beschäftigungsfeld.[6]

Knigge will mit seinem Buch Menschen, die in diesem Geiste handeln, in ihrem Wirken unterstützen, was er wie folgt in der Einleitung zum ersten Teil beschreibt:

„[W]enn ich sage, daß oft auch die weisesten und klügsten Menschen in aller Welt, im Umgange und in Erlangung äußerer Achtung, bürgerlicher und andrer Vorteile ihres Zwecks verfehlen, ihr Glück nicht machen, […] meine Bemerkung trifft Personen, die wahrlich allen guten Willen und treue Rechtschaffenheit mit mannigfaltigen, recht vorzüglichen Eigenschaften und dem eifrigen Bestreben, in der Welt fortzukommen, eigenes und fremdes Glück zu bauen, verbinden, und die dennoch mit diesem allen verkannt, übersehn werden, zu gar nichts gelangen. […] Was ist es, das diesen fehlt und andre haben […]? – […] Kunst des Umgangs mit Menschen – […] Der, welchen nicht die Natur schon mit dieser glücklichen Anlage hat geboren werden lassen, erwerbe sich Studium der Menschen, eine gewisse Geschmeidigkeit, Geselligkeit, Nachgiebigkeit, Duldung, zu rechter Zeit Verleugnung, Gewalt über heftige Leidenschaften, Wachsamkeit auf sich selber und Heiterkeit des immer gleich gestimmten Gemüths; und er wird sich jene Kunst zu eigen machen; doch hüte man sich, dieselbe zu verwechseln mit der schändlichen, niedrigen Gefälligkeit des verworfenen Sklaven, der sich von jedem mißbrauchen läßt, sich jedem preisgibt; um eine Mahlzeit zu gewinnen, dem Schurken huldigt, und um eine Bedienung zu erhalten, zum Unrechte schweigt, zum Betruge die Hände bietet und die Dummheit vergöttert! […] so will ich nicht etwa ein Complimentir-Buch schreiben.“[7]

Womit er sich also auch weniger im Stil eines modernen Karriereratgebers äußert.[8]

Über den Umgang mit Menschen behandelt soziologische und sozialpsychologische Fragen zu einer Zeit, als es Soziologie oder Sozialpsychologie als wissenschaftliche Disziplinen noch gar nicht gab. Das Buch ist über allgemeine Geschichte und Literaturgeschichte hinaus auch bedeutsam in den Bereichen Sozialphilosophie, Pädagogik und Journalistik.[9]

Über den Umgang mit Menschen besteht aus drei Teilen, die ihrerseits in 26 Kapitel unterteilt sind, die jeweils mit einer gesonderten „Einleitung“ beginnen. Die drei Kapitel des ersten Teils können als Einführung betrachtet werden, es handelt sich um „Allgemeine Bemerkungen und Vorschriften über den Umgang mit Menschen“, „Über den Umgang mit sich selbst“ sowie „mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und Herzens“. Die zwölf Kapitel des zweiten Teils erweitern den Horizont unter anderem auf „den Umgang mit Geistlichen“, „Eltern, Kindern und Blutsverwandten“, „Eheleuten“, „Verliebten“, „Hauswirten, Nachbarn“. Abgeschlossen wird das Werk mit Anmerkungen „über die Art, mit Tieren umzugehen“ und „über das Verhältnis zwischen Schriftsteller und Leser“.

Index-Verfahren um 1820

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Die italienische Übersetzung[10] wurde, weil Knigge für einen gefährlichen Aufklärer gehalten wurde, ungefähr 1820 bei der vatikanischen Indexkongregation angezeigt. Es drohte der Eintrag in den Index der verbotenen Bücher. Im eingeleiteten Vorverfahren erstellten zwei Konsultatoren jeweils ein Gutachten. Einer der Konsultatoren sprach sich gegen ein Verbot aus, der andere dafür. Der zuständige Sekretär des Index entschied auf Grundlage der Gutachten jedoch gegen ein „eigentliches Zensurverfahren“. Eine Indizierung der italienischen Knigge-Ausgabe hätte eine Indizierung aller Übersetzungen, auch des deutschen Originals, zur Folge gehabt.[11]

Deutsche Ausgaben

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Literatur (Auswahl)

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Bibliografien

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  • Ernst August Knigge (Hrsg.): Knigges Werke: eine Bibliographie der gedruckten Schriften, Kompositionen und Briefe. Wallstein Verlag, Göttingen 1996, ISBN 3-89244-229-0.

Kurze Orientierungen

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  • Barbara Zaehle: Knigges „Umgang mit Menschen“ und seine Vorläufer. Kulturwissenschaftliche Abhandlung. 1933.
  • Thomas Pittrof: Knigges Aufklärung über den Umgang mit Menschen. München 1989. ISBN 3-7705-2522-1.
  • Ruth Klüger: Knigges „Umgang mit Menschen“: eine Vorlesung. Göttingen 1996. ISBN 3-89244-226-6.
  • Ingo Hermann: Knigge. Die Biografie. Berlin 2007, ISBN 3-549-07260-0.
  • Gert Ueding: Gesellschaftliche Beredsamkeit in Knigges „Über den Umgang mit Menschen“. In: Rhetorik 31, Heft 1 (2012), S. 87–98.
  • Hans-Christian Riechers: „Vis-à-vis de soi-même“. Knigges „Über den Umgang mit Menschen“. In: Das Achtzehnte Jahrhundert 37. Heft 1 (2013), S. 74–83.
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Commons: Über den Umgang mit Menschen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Diese Ausgabe liegt der Reclam-Ausgabe (in der Universal-Bibliothek) zugrunde.
  2. Siehe z. B. Herbert Schwinghammer: Knaurs Neuer Knigge. Knaur, Augsburg 2001.
  3. Ingo Hermann: Knigge. Die Biografie. Berlin 2007, S. 16.
  4. Hrsg. v. Felix Goda (Ps.), Persephone-Verlag, Zürich 2017. ISBN 978-3-9524729-2-7.
  5. Adolph Freiherr von Knigge: Über den Umgang mit Menschen, Neudruck der fünften Auflage, Stuttgart 2002, S. 444.
  6. Vgl. auch Ingo Hermann: Knigge. Die Biografie, Berlin 2007, S. 16: „[Knigge] ging es aber nicht darum, höfische Manieren zu kopieren. Denn Gegenstand seiner Schrift sind nicht die Manieren. Gegenstand des Umgangs mit Menschen ist der Anstand [d.h. hier ein anständiges, rechtschaffenes und faires Verhalten].“
  7. Adolph Freiherr von Knigge: Über den Umgang mit Menschen. Neudruck der fünften Auflage, Stuttgart 2002, S. 14.
  8. Vgl. Tina Groll: Karriereratgeber: Anleitung zur Unterwürfigkeit. In: Zeit Online vom 14. Januar 2011; abgerufen am 20. Juni 2014.
  9. Vgl. Ingo Hermann: Knigge. Die Biographie. Berlin 2007, S. 300 ff.
  10. Adolph Freiherr von Knigge; Renato Arrigoni (Übers.): Della condotta da tenersi nella societa. Opera del Sig. Adolfo Knigge. Traduzione libera dal Tedesco di R.A. corredata di Note d’un Italiano. Vol. 1.–2. Milano 1816.
  11. Vgl. Hubert Wolf: Index. Der Vatikan und die verbotenen Bücher. München 2007.