Windhoff Bahn- und Anlagentechnik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Windhoff (Rheine))
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Windhoff Bahn- und Anlagentechnik GmbH

Logo
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1889
Sitz Rheine, Deutschland
Leitung
  • Uwe Dolkemeyer
  • Markus Massing
Mitarbeiterzahl 240
Branche Bahn- und Anlagentechnik
Website Windhoff GmbH

Windhoff Bahn- und Anlagentechnik GmbH ist ein deutsches Maschinenbauunternehmen mit Sitz in Rheine in Westfalen. Es geht auf die 1889 gegründete Rheiner Maschinenfabrik und die Gebrüder Windhoff GmbH – Motoren-, Fahrzeug- und Maschinenfabrik von 1902 zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden unter der Marke Windhoff auch Automobile produziert. Das Unternehmen betätigt sich heute in den Sparten Schienenfahrzeuge, Bahntechnik und Anbaugeräte.

Unternehmensgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Historisches Firmenschild

Windhoff Bahn- und Anlagentechnik geht auf den Ingenieur Rudolf Windhoff zurück. Dieser hatte zunächst in Berlin technische Erfahrungen gesammelt und dann in Lingen eine Fabrik für Eisenbahnzubehör und Brückenbau gegründet. Die seinerzeit größte Fabrik des Emslandes ging im Zuge des „Gründerkrachs“ 1878 spektakulär pleite. Nach einigen Zwischenstationen gründete Windhoff in seiner Heimatstadt Rheine 1889 die Rheiner Maschinenfabrik. Man belieferte zunächst die umliegenden Textilfabriken mit Transmissionsanlagen. Zusätzlich wurde der Bedarf an stationärem Eisenbahnmaterial versorgt.

1902 gründeten die drei Brüder Ernst, Fritz und Hans Windhoff die Gebrüder Windhoff GmbH – Motoren-, Fahrzeug- und Maschinenfabrik. Ziel der Unternehmung war die Lieferung von Ausrüstungsteilen für Kraftfahrzeuge. Zunächst wurden nur Motoren, Getriebe und Kühler hergestellt und u. a. im März 1903 auf der Internationalen Deutschen Automobilausstellung in Berlin präsentiert.[1] 1908 begann das Unternehmen unter dem Markennamen Windhoff eine eigene PKW-Produktion, die, je nach Quelle, bis 1914 oder 1918 aufrechterhalten wurde. 1913 vereinigte sich die Rheiner Maschinenfabrik und die Motoren- und Fahrzeugfabrik Gebr. Windhoff zur Rheiner Maschinenfabrik Windhoff AG. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 erlitt diese Firma schwere wirtschaftliche Verluste, die aber überwunden werden konnten. Die Werksanlagen in Rheine wurden am 5. Oktober 1944 durch einen Bombenangriff vollständig zerstört.

Windhoff Verwaltungsgebäude

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Windhoff Großaufträge der Deutschen Bundesbahn für Oberbau-Bearbeitungsmaschinen. In den 1980er Jahren kam der Geschäftsbereich Kläranlagenausrüstung hinzu. 1993 erfolgte der Börsengang. 1997 gründet die Windhoff AG zusammen mit technipower die Windhoff Software Services GmbH.[2] Im Dezember 2001 meldete die Windhoff AG Insolvenz an. Im März 2002 übernahm die Georgsmarienhütte Holding GmbH, Hamburg, die Geschäftsbereiche Schienenfahrzeuge, Bahn- und Anlagentechnik. Diese Bereiche wurden in der neuen Windhoff Bahn- und Anlagentechnik GmbH zusammengeführt und in den Bereich Anlagenbau der GMH Holding eingegliedert. Seit 2014 gehört Windhoff zur Stego Vermögensverwaltungs GmbH, deren alleiniger Gesellschafter Jürgen Großmann ist. Im Mai 2015 wurde die Windhoff Gleisbautechnik GmbH für den weltweiten Vertrieb von hydraulischen Anbaugeräten gegründet.

Schienenfahrzeuge

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zusammenhang mit den Vereinheitlichungen der Kleinlokomotiven der Leistungsgruppe I und Leistungsgruppe II (Lg I und Lg II) durch das Reichsbahn-Zentralamt für Maschinenbau der Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft war die Firma Windhoff maßgeblich für den Entwurf einer Einheitstype der Lg I verantwortlich.[3] Ab Mitte der 1930er Jahre war Windhoff zahlenstärkster Lieferant der batteriebetriebenen Einheitsloks Ks für die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft.[4][5]

Neben Gmeinder, Deutz und OK beteiligte sich Windhoff auch an der Lieferung der Heersfeldbahnloks der Typen HF50B und HF 130 C an das Oberkommando des Heeres in Berlin.[6] 1938 präsentierte Windhoff für die Heeresfeldbahnen den Entwurf einer mit den Führerhäusern aneinander gekuppelten Doppeldiesellok aus zwei 75 PS Dieselloks HF 150 B+B, ähnlich den Zwillingen des Ersten Weltkriegs. Von den vier einzigen gebauten Exemplaren verliert sich jedoch jede Spur. Ein Nachbau unterblieb zugunsten der mittlerweile bewährten HF 130 C.[7]

Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Windhoff weiterhin bis 1957 einige wenige Diesellokomotiven. Konstruktiv griff man weiterhin mehrfach auf die Vorkriegsbauarten der Kleinloks der Leistungsgruppe II zurück. Diese Bauart wurde an Privat- und Werksbahnen geliefert, wie beispielsweise die zwei 1948 an die Westfälische Landeseisenbahn (WLE) in Lippstadt gelieferten Köf VL 0603 und VL 0604, die sich in Ausrüstungsdetails von den an die Staatsbahn gelieferten Köf unterscheiden. Unklar bleibt, ob die Bestellung noch von der Reichsbahn platziert wurde. Beide blieben dort bis 1974 beziehungsweise 1996 im Einsatz und sind museal erhalten.[8]

Danach wurden Dienstfahrzeuge für den Eisenbahn-Bau gefertigt. Seit den 1970er Jahren bietet die Firma in diesem Sektor Spezialfahrzeuge wie Lösch- und Tunnelrettungszüge sowie Fahrzeuge für den Bau- und Wartungsdienst an. Darüber hinaus werden als TeleTrac bezeichnete Rangierfahrzeuge angeboten, wobei diese dieselhydraulisch, dieselelektrisch, batteriebetrieben oder mit einer Zweiwege-Ausrüstung ausgestattet sein können.[9][10][11]

Das heutige Unternehmen produziert (Auswahl) im Bereich Bahntechnik aufgeständerte Gleisanlagen, Unterflurhebeanlagen, Hebebockanlagen, Schiebebühnen, Drehscheiben, Drehgestell-Messstände und Vorrichtungen zum Drehgestelltransport und -lagerung, für Stahl- und Hüttenwerke Pfannenwagen, Kippstühle, Haubenwagen, Lanzenverfahreinrichtungen, Coil-Transport- und Handlingsanlagen und Koks-Löschloks und Löschwagen, für Rangieranlagen: Rangierlokomotiven, Zweiwegefahrzeuge und Seilzuganlagen, des Weiteren PKW-Verladestationen, Lösch- und Rettungszüge und Schienenschleif- und Pflegefahrzeuge.

Automobilmarke Windhoff (1908 – ca. 1914/18)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Windhoff Motorenprogramm 1911[12]

Bei seiner Einführung umfasste das Automobil-Programm vier Modelle, die von je zwei Vier- und zwei Sechszylindermotoren angetrieben wurden. Der kleinste Windhoff hatte einen Hubraum von 2012 cm³, der größte 6125 cm³. Bereits 1911 erschienen Motoren mit obengesteuerten Einlassventilen. Bis 1914 oder 1918 (je nach Quelle) wurden verschiedene Modelle angeboten, darunter die Vierzylindermodelle 6/18 PS 1.5 Liter und 10/30 PS 2.6 Liter. Besonders der Sechszylinder 15/40 PS 3.9 Liter genoss einen hervorragenden Ruf.

In der Anfangszeit des Ersten Weltkrieges baute Windhoff auch einige Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von 3 Tonnen. Windhoff-LKW erkannte man an einem sehr massiven Kühlerschutzgestänge und einer sehr großen Nabenverkleidung an der Hinterachse. Wie viele LKW gebaut wurden, ist nicht bekannt. Es sind vermutlich recht wenige gewesen, und die bei oder kurz nach Kriegsausbruch begonnene Fertigung ist wohl bald zugunsten einer Autoteilelieferung (Kühler, Getriebe, Hinterachsen etc.) für andere Firmen wieder eingestellt worden.[13]

Windhoff-Automobile waren Qualitätserzeugnisse und nahmen auch an Motorsportanlässen wie der Prinz-Heinrich-Fahrt teil.

  • Hans-Heinrich von Fersen: Autos in Deutschland 1885–1920. Eine Typengeschichte, Motorbuch, Stuttgart 1965. Nachdruck 1981. ISBN 3-87943-038-1.
  • Manfred Fickers: Windhoff, Rudolph Arnold. In: Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte (Hrsg.): Emsländische Geschichte. Band 17, Haselünne 2010, S. 413–424. ISBN 978-3-9808021-9-1,
  • G. N. Georgano (Hrsg.): Complete Encyclopedia of Motorcars, 1885 to the Present. 2. Auflage (Hardcover), Dutton Press, New York 1973. ISBN 0-525-08351-0. (englisch)
  • Stefan Lauscher (Rheiner Maschinenfabrik Windhoff AG) (Hrsg.): Windhoff-Lokomotiven. Der Lokbaugeschichte der Rheiner Maschinenfabrik Windhoff AG, 2. Auflage, Verlag Bahn-Express Bubolz, Werne 1985. ISBN 3-921290-12-0.
  • Stefan Lauscher (Hrsg.): Windhoff-Lokomotiven. Der Lokbaugeschichte der Rheiner Maschinenfabrik Windhoff AG, 3. Auflage, Verlag Lok-Report, Münster 1986. ISBN 3-921980-17-8.
  • Jochen Vollert: Lastkraftwagen, German military trucks Vol.1 u.2, Erlangen 2021, ISBN 978-3-936519-50-1.
  • Bernd Windhoff: Mein beinahe vollkommen glückliches Leben, Hrsg. Karl-Peter Ellerbrock, Mitarbeit Burkhard Spinnen, Sabine Kittel und Harald Wixforth, In: Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e. V., Kleine Schriften, Heft 36, Dortmund/ Münster 2020. ISBN 978-3-87023-292-4.
Commons: Windhoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Windhoff Automobile

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Peter Kirchberg: Automobilausstellungen und Fahrzeugtests in aller Welt. Das Beste aus “Der Motorwagen”, der Zeitschrift für Automobil-Industrie und Motorenbau. Teil 1: 1898–1914. Transpress, Berlin 1985, S. 99.
  2. Unternehmen-Historie von 2013 bis 2023. In: windhoff-group.de.
  3. Patrick Böttger, Andreas Kabelitz, Patrick Paulsen, Malte Werning: Lieferungen an Deutsche Staatsbahnen. In: deutsche-kleinloks.de.
  4. Patrick Böttger, Andreas Kabelitz, Patrick Paulsen, Malte Werning: Akku-Kleinloks. In: deutsche-kleinloks.de.
  5. Rolf Koestner: Die Akku– und dieselelektrischen Kleinlokomotiven bei der DB. In: drehscheibe-online.de, 23. Februar 2013.
  6. F. Rauh: HF 130 C. In: Die Heeresfeldbahnseiten
  7. F. Rauh: HF 150 B+B. In: Die Heeresfeldbahnseiten
  8. Fahrzeuge | Kleinlokomotiven. In: Museumseisenbahn Hamm – Hammer Eisenbahnfreunde e.V.
  9. Markus Jurziczek v. Lisone: U-Bahn Berlin : Die Dieselloks 4060, 4061,6062, 4063, 4064, 4065. In: Berliner Verkehrsseiten.
  10. Frank Pfeiffer: Windhoff Lokomotiven. In: Entlang der Gleise.
  11. Windhoff Eisenbahnfahrzeuge in und um Luxemburg. In: rail.lu.
  12. Auto-Sportkalender 1911–1912: praktischer Taschenkalender zum täglichen Gebrauch für Automobilisten. Richard Carl Schmidt & Co., Berlin 1911, S. 152 (kielce.pl).
  13. Jochen Vollert: Lastkraftwagen. German Military Trucks, Vol. 2, In: World war One, No. 1011, Selbstverlag, Tankograd, S. 154.

Koordinaten: 52° 16′ 28,6″ N, 7° 26′ 18,3″ O