Doppeldaumen

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Klassifikation nach ICD-10
Q69.1 Akzessorische(r) Daumen
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Doppeldaumen an der linken Hand
Doppeldaumen an der rechten Vorderpfote einer Katze

Der Doppeldaumen (Synonyme: radiale Polydaktylie, akzessorischer Daumen) ist die häufigste Fehlbildung der menschlichen Hand.[1][2] Es handelt sich hierbei um eine Unterform der Polydaktylie, die wiederum den numerischen Hand-Fehlbildungen zugeordnet wird. Ein Doppeldaumen tritt meist isoliert auf, kann aber auch im Rahmen eines Syndroms mit weiteren Fehlbildungen zu finden sein.

Das Erscheinungsbild des Doppeldaumens ist sehr variabel und reicht von einer leichten Verbreiterung des Daumenendgliedes bis hin zur Ausbildung zweier oder sogar mehrerer Daumen. Das Spektrum möglicher Ausprägungen des zusätzlichen Daumens erstreckt sich von einem kleinen funktionslosen Anhängsel bis hin zu einem vollständig ausgebildeten, funktionsfähigen Daumen mit allen zugehörigen anatomischen Strukturen wie Sehnen und Muskeln. Der akzessorische Daumen kann zwei oder auch drei Glieder haben (Triphalangealer Daumen).[3]

Am weitesten verbreitet ist die von Wassel 1969 publizierte und nach ihm benannte Klassifikation[4]. Voraussetzung für die korrekte Einteilung ist die Anfertigung eines Röntgenbildes.

Klassifikation der radialen Polydaktylie nach Wassel (1969)[5]
Typ Fehlbildung Häufigkeit
I Endglied gegabelt 02 %
II Endglied doppelt angelegt 15 %
III Grundglied gegabelt, Endglied doppelt angelegt 06 %
IV Grundglied und Endglied doppelt angelegt 43 %
V Metakarpale gegabelt, Grund- und Endglied doppelt angelegt 10 %
VI Metakarpale, Grund- und Endglied doppelt angelegt 04 %
VII Radiale Polydaktylie mit dreigliedrigem Daumen (Metakarpale I solitär oder doppelt angelegt) 20 %

Tuch (1977)[6], Wood (1978)[7] sowie Horii et al. (1997)[8] publizierten Modifikationen der Wassel-Klassifikation unter Berücksichtigung von Form, Anzahl der Glieder und Art der Verbindung beider Daumen. Die aktuelle Modifikation stellten Zuidam et al. 2008[9] vor, die insbesondere auch dreigliedrige und hypoplastische Daumenstrahlen sowie Dreifachdaumen berücksichtigt.

Die Behandlung des Doppeldaumens erfolgt ausschließlich operativ und dient der Funktionsverbesserung und der Ästhetik. Das beste Alter für eine Operation ist der Zeitraum zwischen dem 8. und dem 12. Lebensmonat. Hierbei wird der kleiner ausgebildete (hypoplastische) und speichenseitig (radial) liegende Daumen abgetragen. Einen Sonderfall stellt der Typ V nach Wassel dar. Bei diesem ist in der Regel die Verbindung des hypoplastischen, akzessorischen Daumenstrahls zur Handwurzel besser ausgeprägt als die des ellenseitigen, jedoch gut ausgeformten Daumenstrahls. Deshalb wird hier nach Entfernen des speichenseitigen Daumens der ellenseitige Daumen auf die speichenseitige Metakarpale-Basis versetzt.[3]

Abhängig von der Art des Doppeldaumens können zusätzlich zum Abtragen des akzessorischen Daumens eine Reihe weiterer Korrekturen erforderlich sein, wie eine Verschmälerung des Knochens, Rekonstruktion des Seitenbandes, Fixation mittels Kirschnerdraht, Verlagern der Strecksehne vom akzessorischen auf den verbleibenden Daumen, Reinsertion abgelöster Daumenballenmuskulatur, knöcherne Korrektur bei Vorliegen einer Achsabweichung, Z-, Rotations- oder Schwenklappen-Plastik bei zu engem erstem Zwischenfingerraum.[2]

Sind beide Daumen gleich groß und hypoplastisch, so besteht die Indikation zur Bilhaut-Cloquet-Operation. Hierbei wird das zwischen den beiden Daumen liegende Drittel entnommen und die Knochen und Weichteile beider mittels Cerclagen und Nähten zu einem neuen Daumen vereint. Wichtig sind hier vor allem ein stufenfreies Aneinandersetzen der Gelenkflächen und die mikrochirurgische Naht von Nagelfalz und Nagelbett.[3]

Liegt ein dreigliedriger Daumen vor, so wird das überzählige Fingerglied (Mittelglied) entnommen. Liegt ein äußerst seltener Dreifachdaumen vor, so wird der am besten ausgeprägte Daumen verwendet und die anderen beiden entfernt.[3]

Mögliche Komplikationen nach Operation einer radialen Polydaktylie sind Bewegungseinschränkung und/oder Achsabweichung des verbleibenden Daumens, Gelenkinstabilität und Nageldeformierung[10]. Eine Bewegungseinschränkung des Daumens nach Operation kann auch auf einer im Zuge der Fehlbildung bestehenden Dysplasie des Daumensattelgelenkes beruhen. In vielen Fällen sind weitere Korrekturoperationen erforderlich.

  • M. Strassmair, K. Wilhelm, R. Hierner: Angeborene Fehlbildungen der Hand. In: A. Berger, R. Hierner (Hrsg.): Plastische Chirurgie, Band IV: Extremitäten. Springer, Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-00144-7.
  • H. Piza-Katzer, A. Wenger: Angeborene Fehlbildungen der Hand. In: H. Towfigh, R. Hierner, M. Langer, R. Friedel (Hrsg.): Handchirurgie. Springer, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-11757-2.

Einzelnachweise

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  1. H. Piza-Katzer, A. Wenger: Angeborene Fehlbildungen der Hand. In: H. Towfigh, R. Hierner, M. Langer, R. Friedel (Hrsg.) Handchirurgie. Springer, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-11757-2, S. 514–516.
  2. a b T. Ogino, S. Ishii, S. Takahata, H. Kato: Long-term results of surgical treatment of thumb polydactyly. In: The Journal of Hand Surgery. Band 21, Nr. 3, Mai 1996, S. 478–486, doi:10.1016/S0363-5023(96)80366-2, PMID 8724483.
  3. a b c d A. K. Martini: Angeborende Fehlbildungen. In: Martini, A. K. (Hrsg.): Orthopädie und orthopädische Chirurgie: Ellenbogen, Unterarm, Hand. Thieme, 2003, ISBN 3-13-126211-7, S. 192.
  4. H. D. Wassel: The results of surgery for polydactyly of the thumb. A review. In: Clinical Orthopaedics and Related Research. Band 64, Juni 1969, S. 175–193, PMID 4894526.
  5. U. Lanz, R. Schmitt: Bildgebende Diagnostik der Hand. Thieme, Stuttgart 1996, ISBN 3-7773-1177-4, S. 106.
  6. B. A. Tuch, E. B. Lipp, I. J. Larsen, L. H. Gordon: A review of supernumerary thumb and its surgical management. In: Clinical Orthopaedics and Related Research. Nr. 125, Juni 1977, S. 159–167, PMID 880759.
  7. V. E. Wood: Polydactyly and the triphalangeal thumb. In: The Journal of Hand Surgery. Band 3, Nr. 5, September 1978, S. 436–444, PMID 701767.
  8. E. Horii, R. Nakamura, M. Sakuma, T. Miura: Duplicated thumb bifurcation at the metacarpophalangeal joint level: factors affecting surgical outcome. In: The Journal of Hand Surgery. Band 22, Nr. 4, Juli 1997, S. 671–679, doi:10.1016/S0363-5023(97)80127-X, PMID 9260625.
  9. J. Michiel Zuidam, Ruud W. Selles, Michael Ananta, Jetteke Runia, Steven E. R. Hovius: A classification system of radial polydactyly: inclusion of triphalangeal thumb and triplication. In: The Journal of Hand Surgery. Band 33, Nr. 3, März 2008, S. 373–377, doi:10.1016/j.jhsa.2007.12.012, PMID 18343293.
  10. D. J. Townsend, E. B. Lipp, K. Chun, K. Reinker, B. Tuch: Thumb duplication, 66 years’ experience--a review of surgical complications. In: The Journal of Hand Surgery. Band 19, Nr. 6, November 1994, S. 973–976, doi:10.1016/0363-5023(94)90099-X, PMID 7876498.